Houman Jokar
Der Wildtier-Experte Houman Jokar ist einer der bekanntesten Umweltaktivisten des Iran. Am 8. April 2024 wurde er nach über sechs Jahren Haft endlich freigelassen. Zuvor wurde er, seine Frau und sieben weitere Kollegen zu jeweils vier bis zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Anfang 2018 verschärfte die Islamische Republik die systematische Verfolgung von Umweltschützern. Insgesamt verhafteten die iranischen Behörden allein im Jahr 2018 landesweit über 50 Umweltschützer.
Iranischer Umweltschützer nach über sechs Jahren Gefangenschaft in Freiheit
Houman Jokar ist einer der bekanntesten Umweltschützer des Iran. Am 24. und 25. Januar 2018 verhafteten Islamische Revolutionsgarden ihn, seine Frau Sepideh Kashani und sieben weitere Umweltaktivisten. Die Anklage lautete zunächst „Spionage“, dann „Korruption auf Erden“ – Nach rund zwei Jahren im Gefängnis, eines davon in Einzelhaft, wurde Jokar am 20. November 2019 wegen „Zusammenarbeit mit der feindlichen Regierung Amerikas“ zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt. Am 8. Apirl 2024 endete seine Gefangenschaft endlich nach über sechs Jahren.
Haftbedingungen
Die iranischen Behörden hielten Jokar und seine Frau rund ein Jahr lang im Evin-Gefängnis in Teheran in Einzelhaft gefangen und verweigerten ihnen rechtlichen Beistand. Im Gefängnis wurden die Naturschützer Opfer von Folter, um angeblich begangene Straftaten zu gestehen. Gefängnisbesucher berichteten von abgebrochenen Zähnen und dunklen Hämatomen der Gefangenen. Ihnen wurde gedroht, sie unter den Einfluss halluzinogener Drogen zu setzten und Familienangehörige zu verhaften. Ein islamisches Revolutionsgericht warf dem Paar und sechs weiteren Kollegen der „Persian Wildlife Heritage Foundation“ „Spionage von Militäranlagen unter dem Deckmantel des Umweltschutzes“ vor, weil sie in Wildgebieten Kameras zur Beobachtung von Geparden installiert hatten. Sogar der Geheimdienstminister und der Leiter der iranischen Umweltschutzbehörde verneinten die Möglichkeit von Spionage durch die Biologen. Am 11. November 2018 gab ein Sprecher der Justiz bekannt, dass die Anklage von “Spionage” zu „Verderbenstiften auf Erden“ geändert wurde.
Die Umweltschützer hatten seit ihrer Inhaftierung im Januar 2018 kaum Zugang zu anwaltlicher Hilfe. Sie wurden lediglich mündlich über die Urteile vom 20. November 2019 informiert. Dies ist eine gängige Praxis in politisch motivierten Fällen im Iran – die Behörden gewährleisten bei unbegründeten Anschuldigungen bewusst keine Transparenz.
Internationaler Protest gegen das Urteil
Im Dezember 2018 bezeugten 300 Umweltaktivisten aus aller Welt, darunter Jane Goodall, in einem offenen Brief, dass die Umweltschützer mit höchster moralischer Integrität gearbeitet hatten. Nach mehr als einem Jahr Haft fanden im Januar und Februar 2019 schließlich zwei Verhandlungen des Islamischen Revolutionsgerichtes gegen die Mitglieder der „Persian Wildlife Heritage Foundation“ statt. Dabei wurde ihnen das Recht auf die freie Wahl des Anwaltes verweigert. Im Februar 2019 verkündete der Leiter der iranischen Umweltbehörde, dass das Geheimdienstministerium zu dem Schluss gekommen sei, dass „keine Beweise gegen die verhafteten Umweltaktivisten“ vorliegen. Javed Rahman, der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte im Iran, äußerte seine Besorgnis über die Situation iranischer Umweltschützer, die willkürlich gefangen gehalten werden.
Als Reaktion auf einen offenen Brief an die Gefängnisleitung, in dem mehr als 1.400 Menschen forderten, dass Jokar der Besuch seiner schwer erkrankten Eltern ermöglicht wird, wurde ihm im August 2021 Hafturlaub gewährt. Es war das erste Mal in dreieinhalb Jahren, dass er das Gefängnis verlassen durfte. Sein Vater war zu dem Zeitpunkt bereits verstorben.
Hintergrund: Verfolgung von Umweltschützern im Iran
Weite Teile des Iran leiden zunehmend unter erheblichen Umweltproblemen. Besonders augenfällig sind die Folgen von nicht nachhaltiger Wassernutzung und zunehmenden Dürren. Die Antwort der Islamischen Republik darauf besteht darin, Naturschützer zu verhaften. Houman Jokar und seine Kollegen von der „Persian Wildlife Heritage Foundation“ gehören zu den Umweltaktivisten, die den Mut haben, auf Probleme hinzuweisen und Lösungsvorschläge zu machen. Doch Jokar und viele seiner Kollegen stehen dadurch in direktem Konflikt mit der Führung der Islamischen Republik, denn große Teile der iranischen Wirtschaft werden von den Islamischen Revolutionsgarden kontrolliert.
Houman Jokar ist seit 2001 Leiter einer internationalen Kooperation der Vereinten Nationen zum Schutz des asiatischen Geparden, dem „Conservation of Asiatic Cheetah Project” (CACP). Er ist seit rund 20 Jahren im Bereich Umwelt- und Wildtierschutz tätig. Die iranische Führung hat im Januar 2018 mit der Verhaftung von neun Umweltaktivisten die Verfolgung von Umweltschützern deutlich verstärkt. Dazu gehört auch der ungeklärte Tod des Direktors der Persian Heritage Wildlife Foundation, Dr. Kavous Seyed Emami, in Einzelhaft. Gefängnisbeamte „fanden“ seinen Leichnam am 8. Februar 2018 im Evin-Gefängnis. Weitere Verhaftungen von Umweltschützern folgten, insbesondere in Kurdistan und anderen westlichen Provinzen des Iran.
Stand: April 2024